Stillgelegte Obuslinien in Mitteldeutschland
Elbingerode
Im Jahre 1985
stellten die Bitterfelder Obusbetriebe auf der "Messe der Jugend"
in Leipzig das System eines Güter-Obus-Systems vor. Die Idee eines
solchen
Güterobus' entstand bereits während der Ölkrise in den 1970ern. Mit der
Hilfe der Bitterfelder Obusbetriebe und von Experten aus
Eberswalde und Berlin eröffnete man eine drei Kilometer lange,
einspurige Güter-Obusstrecke (mit 600 V Gleichstrom) für den
Kalkbetrieb in Elbingerode. Als Obus diente ein umgebauter sowjetischer
Belaz-Kipplaster (genau wie in Bitterfeld). In Art und Aussehen
hatte dieser Kippwagen nie etwas mit einem klassischen Omnibus gemein.
Aufgrund technischer Probleme und Unstimmigkeiten im Kalkbetrieb kam es
zu Bauverzögerungen. Da aber die Wende 1989 mitten in
die
Versuchsphase fiel und das Kalkwerk nun vor wirtschaftlichen
Existenzproblemen stand, konnte auf der zwischen März 1988 und Februar
1989 erbauten Anlage nur ein einziges Mal, nämlich am 27. November 1989 eine
Probefahrt mit dem Güterobus durchgeführt werden. Da der umgebaute Obus
aber einen Getriebeschaden hatte, den er aus seiner Zeit als
Kraftomnibus 'mitgebracht' hatte, wurde er direkt nach der Probefahrt
verschrottet. Im Jahr 1990 begann man damit, die Fahrleitung
abzureißen. Für einen
dauerhaften Betrieb hätte die Strecke ohnehin nicht ausgereicht, die
Kalkwerke hätten eine zweite Oberleitung
bauen müssen.
Sächsische und Böhmische
Schweiz
In
Königstein an der Elbe, bekannt durch die gleichnamige Festung
oberhalb des Ortes, verkehrte zwischen 1901 und September 1904 die
erste Obus-Linie Sachsens bzw. die drittälteste Obuslinie der
Welt.
Der Elektrotechnik-Pionier Max Schiemann eröffnete am 10. Juli 1901
eine mehr als drei Kilometer lange Strecke zwischen den Orten
Königstein, Hütten im
Bielatal und dem Sommersitz der Sächsischen Könige namens "Bad
Königsbrunn" für den Personenverkehr.
Dieser Obus verkehrte noch unter der damals üblichen Bezeichnung
"gleislose Bahn" und wurde als "Bielathalbahn" bezeichnet. Nach dem
Probebetrieb wurde die Teststrecke 1904 nach Wurzen bei Leipzig verlegt. Noch in den
1990er Jahren konnte man an einzelnen Königsteiner Häusern die
verzierten Oberleitungs-Halterungen finden.
Nur wenige Kilometer südlich von Königsstein, aber bereits auf
tschechischer Seite verkehrte bis in die 1970er Jahre hinein auch ein
Obus -
in Dečin (Tetschen): Vom 6. Januar 1950 bis
zum 14. Dezember 1973 waren zwei
Obuslinien im Hauptort der Böhmischen Schweiz unterwegs. Der Betrieb
währte aber nur kurz: Die Schleife
am Tetschener Hauptbahnhof wurde bereits 1970 stillgelegt und eine
Verbindungsstrecke zwischen Gottwaldplatz und Post bereits 1968
abgebaut. Folgende Linien gab es in Tetschen: Linie 1:
Chrochvice <> Kamenická (über
Kosava, Bazantnice, Gottwaldplatz und Freiheitsplatz) und Linie
2: Bynov <> Altstadt (über Hauptbahnhof und
Freiheitsplatz).
Der Obus in Königstein, Ansichtskarte von der Germania-Drogerie und
Photohaus Weyhmann KG - nach Photographieschutzgesetz von 1876
heute urheberrechtsfrei.
Linie bei
Königstein - die erste in Sachsen
Obusse waren in der Böhmischen Schweiz nur zwischen 1950 und 1973
unterwegs
Magdeburg
Am 1. Juli 1951 ging die erste Obuslinie in Magdeburg in Betrieb. Sie
wurde mit drei Obuswagen-Verbänden (Triebwagen und Anhänger) vom Typ
"Werdau" bedient. Der Grund für die Einrichtung eines Obusbetriebes
waren Kraftstoffknappheit und Ersatzteilmangel für Kraftomnibusse.
Diese erste "Linie A" verkehrte zwischen Lemsdorf und der Warschauer
Straße in Buckau.
Zwei Jahre später, am 28. Oktober 1953, wird eine zweite Linie D
zwischen der Sudenburger Straßenbahnendstelle und Groß Ottersleben in
Betrieb genommen. In den den Jahren 1958 bis 1967 gab es außerdem
eine Einsatzlinie D/A zwischen Ottersleben und Buckau. In dieser Zeit
gelangten weitere 14 Obusse vom Typ Škoda in den Besitz der Magdeburger
Verkehrsbetriebe.
Weitere Ausbaupläne in Richtung Stadtfeld und Nordwest (heutige Linie
52) und sogar bis hin zur Lübecker Straße und nach Barleben wurden
diskutiert, dann aber wieder ad acta gelegt.Am 31. Oktober 1970 wurde
der Obusbetrieb in Magdeburg komplett eingestellt. Noch
heute, im Jahre 2007, hängen an fast allen Haltestellen im Magdeburger
Stadtgebiet die Betriebsordungen für den "Straßenbahn- und Obusverkehr
in Magdeburg (...)" und erinnern an die kurze Ära dieses Verkehrsmittel
in der Stadt.
Einige
Haltestellenamen können abweichen (leider gibt es so gut wie keine
Literatur zum Obus in Magdeburg, sodass nicht alle historischen
Haltestellennamen rekonstruierbar sind).
Genauer Linienverlauf der Obuslinie A zwischen Sudenburg und
Lemsdorf
Obus im Jahre 1954, Foto: Sammlung Stefan Bader
Rosetten-Rest der Obus-Oberleitung am Bahnhofgebäude Buckau
(2007)
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